Übersicht der ESC- und DGK-Leitlinien (2010–2025)

Wichtiger kardiologischer Studien

Im Folgenden finden Sie eine thematisch geordnete Zusammenstellung der wichtigsten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) sowie bedeutender Studien aus den Jahren 2010 bis 2025. Die Übersicht ist nach Krankheitsgruppen gegliedert und jeder Eintrag enthält Titel/Akronym, Jahr und eine kurze, patientenverständliche Kernaussage der Empfehlung oder Erkenntnis.

Herzinsuffizienz (Herzschwäche)

2012 – ESC-Leitlinie Herzinsuffizienz: Umfassende Aktualisierung zur Behandlung der akuten und chronischen Herzschwäche. Empfiehlt etablierte Medikamente wie ACE-Hemmer, Beta-Blocker und Aldosteronblocker für alle geeigneten Patienten, ergänzt durch bestimmte Schrittmacher/Defibrillatoren bei fortgeschrittener Herzschwäche, um Lebensqualität und Überleben zu verbessern.

2014 – Studie PARADIGM-HF: In dieser großen Untersuchung wurde ein neuartiges Medikament (ARNI: Sacubitril/Valsartan) getestet. Ergebnis: gegenüber dem alten Standard (ACE-Hemmer) konnten Herztode und Klinikaufenthalte bei Herzinsuffizienz-Patienten deutlich weiter gesenkt werdenwikijournalclub.org. Dieses Medikament verbessert also nachweislich die Prognose.

2016 – ESC-Leitlinie Herzinsuffizienz: Führt eine neue Kategorie von Herzschwäche ein – die mittelschwere Einschränkung der Pumpfunktion (HFmrEF) – um Patienten zwischen erhaltener und stark reduzierter Ejektionsfraktion besser zu erfassenherzmedizin.de. Zudem werden neue Therapien integriert: z.B. wird der ARNI (Sacubitril/Valsartan) bei geeigneten Patienten empfohlen, da er die Prognose verbessert. Auch das Herzmedikament Ivabradin (bei hohem Ruhepuls) und die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT, spezieller Schrittmacher) werden in bestimmten Fällen empfohlen, um Symptome zu lindern.

2017 – Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Chronische Herzinsuffizienz: Deutsche Leitlinie, die ESC-Empfehlungen für Deutschland konkretisiert. Betont die strukturierte Versorgung (Herzinsuffizienz-Schulungen, Telemedizin) und lehnt sich weitgehend an die ESC-Leitlinien an. Sie stellt sicher, dass Patienten optimal medikamentös eingestellt sind und z.B. bei Bedarf rechtzeitig Spezialisten überwiesen werden.

2019 – Studie DAPA-HF: Zeigt, dass ein ursprünglich für Diabetes entwickeltes Medikament (Dapagliflozin, ein SGLT2-Hemmer) auch Herzinsuffizienz-Patienten ohne Diabetes hilft. Mit Dapagliflozin traten weniger Herzbedingte Todesfälle und Krankenhausaufenthalte auf als unter Placeboacc.org. Dieses Ergebnis war ein Durchbruch, denn es erweitert die Therapie um eine weitere Wirkstoffgruppe.

2021 – ESC-Leitlinie Herzinsuffizienz: Empfiehlt eine Vierfach-Therapie für Patienten mit Herzschwäche und reduzierter Pumpfunktion (HFrEF): ACE-Hemmer (oder ARNI) plus Beta-Blocker plus Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist plus SGLT2-Hemmer. Alle vier Medikamentengruppen haben einen hohen Nutzen und sollen möglichst frühzeitig gemeinsam eingesetzt werdenherzmedizin.deherzmedizin.de. Diese Kombination verlängert das Leben, verbessert Symptome und gilt unabhängig davon, ob der Patient zusätzlich Diabetes hatherzmedizin.de.

2021 – Studie EMPEROR-Preserved: Erste positive Studie für Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF). Der SGLT2-Hemmer Empagliflozin senkte bei diesen Patienten das Risiko für Krankenhauseinweisungen wegen Herzschwäche deutlich im Vergleich zu Placebo. Damit gibt es auch für diese bisher schwer behandelbare Gruppe eine wirksame Therapie.

2022 – Studie DELIVER: Bestätigt die Ergebnisse von EMPEROR-Preserved mit dem SGLT2-Hemmer Dapagliflozin. Auch hier zeigte sich eine Reduktion von Krankenhausaufenthalten bei HFpEF-Patienten. Durch EMPEROR-Preserved und DELIVER gelten SGLT2-Hemmer nun als Standardtherapie bei praktisch allen Formen der chronischen Herzinsuffizienz, sofern verträglich.

Koronare Herzkrankheit (KHK) und Akutes Koronarsyndrom (ACS)

2011 – ESC-Leitlinie Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung (NSTEMI): Neue Empfehlungen für Herzinfarkte ohne ST-Hebungen. Wichtigste Punkte: frühe Herzkatheter-Untersuchung innerhalb der ersten 24 Stunden zur Wiedereröffnung verschlossener Gefäße sowie Einführung neuer Blutplättchenhemmer (z.B. Prasugrel, Ticagrelor) zusätzlich zu Aspirin zur Verhinderung weiterer Herzinfarkte. Diese duale Thrombozytenhemmung verbesserte die Prognose erheblich.

2012 – ESC-Leitlinie ST-Hebungsinfarkt (STEMI): Betonung der Devise „Zeit ist Herzmuskel“. Die Leitlinie empfiehlt, bei einem akuten Herzinfarkt mit ST-Strecken-Hebung so schnell wie möglich eine primäre PCI (Herzkatheter mit Stent) durchzuführen. Ideal ist eine Ballon-Eröffnung des Gefäßes innerhalb von 90 Minuten nach Erstkontakt. Dadurch lassen sich Herzmuskel und Leben retten.

2013 – ESC-Leitlinie Stabile KHK: Legt den Schwerpunkt auf eine optimale medikamentöse Therapie und Lebensstiländerungen bei Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit. Empfohlen wird z.B. konsequentes Senken erhöhter Cholesterinwerte (mit Statinen), Blutdruckkontrolle, Rauchstopp und Bewegung. Stents oder Bypässe werden vor allem eingesetzt, um anhaltende Brustschmerzen (Angina pectoris) zu lindern oder bei hohem Risikobefund – nicht routinemäßig bei jedem.

2014 – ESC/EACTS-Leitlinie Myokardrevaskularisation: Empfehlung eines Herzteams (Kardiologe und Herzchirurg), um bei komplexer KHK gemeinsam zu entscheiden, ob ein Bypass oder ein Stent die bessere Behandlung ist. Faktoren wie der SYNTAX-Score (Schwere der Gefäßverengungen), Diabetes und Patientenwunsch werden berücksichtigt. Diese Leitlinie verankert die individuelle, fallbezogene Entscheidung bei Mehrgefäßerkrankung und Hauptstammbeteiligung.

2015 – ESC-Leitlinie NSTEMI (Update): Aktualisiert die 2011er-Empfehlungen. Neu sind z.B. längere Dauer der dualen Plättchenhemmung über 12 Monate hinaus bei bestimmten Hochrisiko-Patienten und der sparsamere Einsatz von GP-IIb/IIIa-Hemmern. Die neuen oralen Gerinnungshemmer (NOAKs) werden in Sonderfällen (z.B. Vorhofflimmern zusätzlich zum Infarkt) berücksichtigt.

2016 – Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK: Deutsche Leitlinie, die insbesondere die langfristige Betreuung betont. Sie stellt sicher, dass Patienten nach Herzinfarkt und bei chronischer KHK optimal nachbehandelt werden: Medikamente wie Blutverdünner, Betablocker, ACE-Hemmer und Statine sollen konsequent eingesetzt werden. Außerdem empfiehlt sie Programme zur Rehabilitation und Prävention, damit Patienten lernen, ihre Risikofaktoren zu managen (Bewegung, Ernährung etc.).

2017 – ESC-Leitlinie STEMI: In dieser Aktualisierung wird basierend auf neuen Studiendaten z.B. empfohlen, bei Herzinfarkt-Patienten im kardiogenen Schock zunächst nur das Infarkt-verursachende Gefäß zu stenten (sogenannte “culprit-only”-PCI) und andere Engstellen später zu behandeln. Dies beruhte auf der CULPRIT-SHOCK-Studie, die zeigte, dass dieses Vorgehen das Überleben verbessertacc.org. Generell bestätigt die Leitlinie die Bedeutung kurzer „Door-to-Balloon“-Zeiten und moderner Infarktzentren.

2017 – Studie CULPRIT-SHOCK: Untersuchte bei Patienten im kardiogenen Schock, ob nur das Hauptinfarktgefäß oder alle Verengungen sofort behandelt werden sollen. Ergebnis: Die Behandlung nur des Infarktgefäßes (mit eventueller Zweit-OP später) führte zu weniger Komplikationen und niedrigerer Sterblichkeit als gleich alle Gefäße zu stentenacc.org. Diese Studie hat die Akut-Behandlung von Schockpatienten verändert.

2018 – ESC/EACTS-Leitlinie Myokardrevaskularisation (Update): Passt die Empfehlungen an aktuelle Daten an. U.a. wird bei Linkshauptast-Verengung und mittlerer Komplexität nun die Stent-Implantation gleichwertig zur Bypass-OP angesehen, während bei sehr komplexer KHK weiterhin der Bypass bevorzugt wird. Zudem wird die Möglichkeit erwähnt, die Duale Plättchenhemmung nach Stentsetzung bei geringem Risiko nach 3–6 Monaten zu beenden, um Blutungen zu reduzieren (individuelle Abwägung).

2018 – Studien MITRA-FR & COAPT: Diese beiden Studien prüften einen MitraClip (kathetergestützter Mitralklappenverschluss) bei Herzinsuffizienz-Patienten mit sekundärer Mitralinsuffizienz. MITRA-FR fand keinen klaren Vorteil, COAPT hingegen zeigte: Bei sorgfältig ausgewählten Patienten kann der Clip Hospitalisierungen verringern und das Überleben verbessernacc.org. Wichtig ist eine optimale medikamentöse Herzinsuffizienztherapie vor dem Eingriff. Die Ergebnisse flossen in Klappen-Leitlinien ein (MitraClip nur bei passenden Patienten).

2019 – ESC-Leitlinie Chronisches Koronarsyndrom: Ersetzt den Begriff "stabile KHK" durch Chronisches Koronarsyndrom und betont, dass die Erkrankung ein dynamischer Prozess ist. Im Zentrum steht weiterhin die Optimierung der Medikamente und Risikofaktoren. Invasiv (Stent/Bypass) soll vor allem bei hochriskanten Befunden oder therapieresistenter Angina eingegriffen werden. Die Leitlinie stützt sich auf Studien wie ISCHEMIA, die zeigten, dass eine anfänglich konservative Strategie oft ebenso sicher ist wie eine sofort invasiveacc.org. Routine-Stents ohne Symptomatik bringen also meist keinen zusätzlichen Schutz vor Herzinfarkt.

2019 – Studie ISCHEMIA: Diese wichtige Studie bestätigte für viele Patienten mit mittlerer bis schwerer KHK ohne akute Symptome: Eine Behandlung mit Medikamenten und Lebensstiländerungen (konservative Therapie) war in den ersten Jahren genauso effektiv im Verhindern von Herzinfarkten und Todesfällen wie eine Strategie mit sofortigen Stents oder Bypass-Operationenacc.org. Invasive Eingriffe brachten vor allem eine bessere Symptomkontrolle (weniger Angina). ISCHEMIA unterstreicht, wie wichtig eine gute medikamentöse Therapie ist.

2020 – ESC-Leitlinie NSTEMI-ACS: Führt neue Details ein, z.B. wird bei Patienten, die eine Herzkatheter-Therapie erhalten, Prasugrel gegenüber Ticagrelor als bevorzugter Plättchenhemmer empfohlen (sofern keine Gegenanzeigen) – ein Wandel basierend auf der ISAR-REACT 5-Studie 2019. Ansonsten bestätigt die Leitlinie bekannte Maßnahmen: schnelle Diagnostik, Risikostratifizierung (GRACE-Score) und die frühe Invasion bei hohem Risiko.

2020 – Studie EAST-AFNET 4: (Siehe Abschnitt Herzrhythmusstörungen für Details) – relevant, da Vorhofflimmern häufig bei KHK auftritt. Sie zeigte, dass frühe Rhythmuskontrolle Vorteile bringt und beeinflusst somit auch das Management von KHK-Patienten mit Vorhofflimmern.

2023 – ESC-Leitlinie Akutes Koronarsyndrom (ACS): Erstmals wurden STEMI und NSTEMI in einer gemeinsamen Leitlinie zusammengeführtescardio.org. Enthält die neuesten Erkenntnisse bis 2023 – beispielsweise optimierte Abläufe in der Notaufnahme, kombinierte Empfehlungen zur Thrombolyse vs. primäre PCI je nach Situation, moderne Bildgebung (CT-Angiografie) bei unklarem Befund und eine intensive Nachsorgeplanung direkt nach dem Infarkt. Insgesamt wird ein durchgehender Behandlungsweg von Symptombeginn über Akuttherapie bis zur Langzeitprävention beschriebenescardio.org, um die Patientenversorgung weiter zu verbessern.

Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien)

2010 – ESC-Leitlinie Vorhofflimmern: Formuliert neue Standards für das Management von Vorhofflimmern (VHF). Einführung des CHA2/DS2/VASc-Risikoscores zur genaueren Abschätzung des Schlaganfallrisikos. Patienten mit erhöhtem Score wird eine orale Gerinnungshemmung empfohlen, um Schlaganfälle zu verhindern. Außerdem wird bereits auf neu zugelassene Gerinnungshemmer ohne Marcumar (z.B. Dabigatran) hingewiesen, die den Blutzielwert nicht ständig messen erfordern.

2011 – NOAK-Studien (RE-LY, ROCKET-AF, ARISTOTLE): Große Studien in 2011 zeigten, dass die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs wie Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban) bei Vorhofflimmern mindestens so effektiv wie Warfarin (Marcumar) in der Schlaganfallprävention sind und teils weniger Blutungen verursachen. Diese Ergebnisse führten dazu, dass in den folgenden Leitlinien NOAKs als bevorzugte Blutverdünner bei VHF empfohlen wurden, was die Therapie für Patienten sicherer und einfacher macht (keine ständigen INR-Kontrollen mehr).

2012 – ESC-Leitlinie VHF (Update): Übernimmt die neuen Erkenntnisse: NOAKs werden offiziell empfohlen, wo immer möglich, anstelle von Vitamin-K-Antagonisten. Zudem wird die Bedeutung einer guten Frequenzkontrolle betont (Betablocker gegen hohen Puls) und bei geeigneten Patienten die Möglichkeit einer Katheterablation als Rhythmustherapie erwähnt.

2015 – ESC-Leitlinie Ventrikuläre Arrhythmien & Plötzlicher Herztod: Gibt klare Kriterien, wann ein Patient zum Schutz vor dem Plötzlichen Herztod einen implantierbaren Defibrillator (ICD) erhalten soll – z.B. bei Herzinsuffizienz mit EF ≤35%. Sie behandelt auch die Akuttherapie bösartiger Rhythmusstörungen (Kammerflimmern) und empfiehlt in einigen Fällen Medikamente oder Ablation bei Kammertachykardien, um erneute Anfälle zu verhindern.

2016 – ESC-Leitlinie Vorhofflimmern: Umfassende Aktualisierung: Hier wird erstmals eine integrierte Versorgungsstrategie (ABC: Antikoagulation, Better symptom control, Comorbidities) vorgeschlagen. Rhythmus- versus Frequenzkontrolle soll individuell entschieden werden. Katheterablation wird als Option früher in Erwägung gezogen bei therapiebedürftigen Patienten. Weiterhin gilt: konsequente Schlaganfallprävention (meist mit NOAK) ist zentral.

2016 – Studie DANISH: Untersuchte Patienten mit Herzschwäche nicht-ischämischer Ursache (z.B. dilatativer Kardiomyopathie). Ergebnis: Der prophylaktische Einsatz eines ICD führte nicht zu einer signifikanten Verlängerung des Lebens gegenüber keiner ICD-Implantation. Zwar sank der plötzliche Herztod, aber die Gesamtsterblichkeit nicht. Diese Studie führte dazu, dass Leitlinien die ICD-Empfehlung bei nicht-ischämischer Herzinsuffizienz etwas abschwächten (individuelle Entscheidung statt generell).

2017 – ESC-Leitlinie Supraventrikuläre Tachykardien: Behandelt spezielle schnelle Herzrhythmen wie AVNRT oder WPW-Syndrom. Empfiehlt bei häufigen Anfällen die Katheterablation als potenziell heilende Therapie, da sie die elektrischen Fehlkreise oft dauerhaft beseitigen kann. Medikamente (z.B. Betablocker, Antiarrhythmika) werden als Option bei selteneren oder milderen Fällen genannt.

2018 – ESC-Leitlinie Synkope: Gibt einen strukturierten Ansatz zur Abklärung von Ohnmachtsanfällen. Sie hilft zu erkennen, wann eine Synkope harmlos (z.B. vasovagal) oder gefährlich sein könnte. Bei Hochrisiko-Merkmalen (z.B. während Sport, EKG-Auffälligkeiten) wird eine klinische Überwachung und ggf. Schrittmacher/ICD-Implantation empfohlen. Für die meisten Ohnmachtsanfälle ohne Herzursache genügen Aufklärung und einfache Vorsichtsmaßnahmen.

2018 – Studie CASTLE-AF: Untersuchte Patienten mit Herzinsuffizienz und gleichzeitig Vorhofflimmern. Sie ergab, dass eine Katheterablation des Vorhofflimmerns (Rhythmuskontrolle) in dieser Gruppe zu längerem Überleben und weniger Krankenhauseinweisungen führte als eine konventionelle medikamentöse Therapie. Dies zeigte, dass Rhythmuskorrektur in bestimmten Fällen der Herzschwäche sehr nützlich sein kann.

2020 – ESC-Leitlinie Vorhofflimmern: Aktuellste Leitlinie für VHF. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Empfehlung zur frühen Rhythmuskontrolle: Patienten mit neu aufgetretenem VHF sollen – sofern vertretbar – innerhalb der ersten 12 Monate eine Rhythmusstabilisierung (mit Medikamenten oder Ablation) erhalten, anstatt nur die Frequenz zu kontrollierennejm.org. Hintergrund ist die EAST-AFNET4-Studie, die einen deutlichen prognostischen Vorteil einer frühen Rhythmustherapie zeigte. Darüber hinaus bleibt das “ABC”-Schema (Antikoagulation, bessere Symptomkontrolle, Behandlung von Begleiterkrankungen) zentral.

2020 – Studie EAST-AFNET 4: Beweist den Vorteil einer frühen Rhythmuskontrolle bei Vorhofflimmern. Patienten, deren Vorhofflimmern zeitnah nach Diagnose durch Medikamente oder Ablation behandelt wurde, hatten über 5 Jahre 20% weniger Schlaganfälle, Herzinfarkte und Todesfälle als jene mit der üblichen verzögerten/gar keiner Rhythmustherapieacc.org. Diese Studie unterstreicht, dass Vorhofflimmern aktiv behandelt werden sollte und beeinflusste die 2020er-Leitlinie maßgeblich.

2021 – ESC-Leitlinie Schrittmacher und CRT: Aktualisiert die Empfehlungen zur Implantation von Herzschrittmachern bei bradykarden Rhythmusstörungen und zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) bei Herzinsuffizienz. Neu sind z.B. gelockerte QRS-Kriterien: auch Patienten mit etwas schmaleren Linksschenkelblock-QRS könnten profitieren. Zudem wird die Option von leadless (kabellosen) Schrittmachern und Subkutan-ICDs bei bestimmten Patienten erwähnt, um die Behandlung sicherer zu machen.

2022 – ESC-Leitlinie Ventrikuläre Arrhythmien & SCD: Frische Überarbeitung der 2015er-Leitlinie. Berücksichtigt neue Evidenz, etwa aus der DANISH-Studie: Bei Nicht-ischämischer Kardiomyopathie wird ein ICD jetzt “Kann erwogen werden” (Klasse IIa) statt früher “Sollte” (Klasse I) empfohlen, wenn das individuelle Risiko hoch erscheint. Bei Überlebenden eines Herzstillstands werden neben ICD-Implantation auch Ursachenbehandlungen (z.B. Ablation bei anhaltenden VT) betont. Insgesamt zielt die Leitlinie darauf ab, gefährdete Patienten noch gezielter zu erkennen und zu behandeln, um den plötzlichen Herztod zu verhindern.

Hypertonie (Bluthochdruck)

2013 – ESC/ESH-Leitlinie arterielle Hypertonie: Klare Definition: ab 140/90 mmHg besteht behandlungsbedürftiger Bluthochdruck. Empfohlen wird, bei den meisten Patienten zunächst auf unter 140/90 zu senken. Wichtig sind Lebensstilmaßnahmen (Salzreduktion, Gewichtsabnahme, Bewegung) und – falls nötig – medikamentöse Therapie. Als Anfangstherapie werden häufig Kombinationen aus zwei Medikamenten (z.B. ACE-Hemmer + Kalziumantagonist) empfohlen, um den Blutdruck effektiv zu kontrollieren.

2015 – Studie SPRINT: Diese US-Studie fand bei bestimmten Hochrisiko-Hypertonikern heraus: Ein intensives Blutdruckziel von <120 mmHg systolisch senkte schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse um ~25% und die Sterblichkeit um ~27%nhlbi.nih.gov im Vergleich zum Standardziel <140 mmHg. Allerdings traten häufiger Nebenwirkungen (z.B. Schwindel, Niereneffekte) auf. Für Patienten bedeutet das: Eine sehr strikte Blutdrucksenkung kann zusätzlichen Nutzen bringen, muss aber individuell vorsichtig abgewogen werden.

2018 – ESC/ESH-Leitlinie Hypertonie: Aktualisierte europäische Empfehlungen. Zielblutdruck nun: für alle Patienten <140/90 mmHg, bei guter Verträglichkeit aber weiter runter auf ~130/80 mmHg (insbesondere bei unter 65-Jährigen)hochdruckliga.de. Bei älteren über 65 Jahre sollen 130–139 mmHg systolisch angestrebt werden. Neu ist auch, möglichst gleich mit Zweifach-Kombinationen in einer Tablette zu starten, um schneller normale Werte zu erreichen. Diese pragmatische Vorgehensweise soll die Blutdruckkontrolle verbessernhochdruckliga.de.

2020 – Studie STEP: (China, 2021 publiziert) Bestätigte, dass auch bei über 60-jährigen Patienten eine Senkung auf ~125 mmHg gegenüber ~135 mmHg systolisch weitere Vorteile bringt (weniger Schlaganfälle), sofern gut vertragen. Diese Erkenntnis untermauert die ESC-Empfehlungen, bei fitten Älteren etwas strengere Ziele zu verfolgen.

2023 – Nationale VersorgungsLeitlinie Hypertonie: Erstmals gibt es in Deutschland eine eigene S3-Leitlinie für Bluthochdruckhochdruckliga.de. Sie empfiehlt als Idealwert ebenfalls <140/90 mmHgschlaganfall-hilfe.de, wobei bei vielen Patienten – abhängig von Gesundheitszustand und Risiken – auch Werte um 130/80 mmHg angestrebt werden können. Die NVL betont zudem Patientenzentrierung: gemeinsame Entscheidungsfindung, Förderung der Selbstmessung zu Hause und eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation. Insgesamt steht sie im Einklang mit den europäischen Leitlinien und soll die Umsetzung in der Praxis verbessern.

Herzklappenerkrankungen

2012 – ESC/EACTS-Leitlinie Herzklappenerkrankungen: Umfassende europäische Empfehlungen für die Behandlung von Klappenfehlern. Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) wird erstmals als Alternative zur Operation bei Patienten mit hohem Operationsrisiko empfohlen. Generell wird ein Herzteam-Ansatz betont: Kardiologen und Herzchirurgen sollen gemeinsam entscheiden, ob bei schweren Klappenfehlern eine Operation oder ein Kathetereingriff besser ist.

2017 – ESC/EACTS-Leitlinie Herzklappen: Berücksichtigt die neuen Entwicklungen der letzten Jahre. Jetzt wird TAVI auch bei mittlerem Operationsrisiko als etablierte Therapie der schweren Aortenstenose anerkannt. Die Leitlinie gibt außerdem präzisere Hinweise, wann bei asymptomatischen Klappenfehlern operiert werden sollte (z.B. frühere OP bei beginnender Pumpschwäche). Insgesamt wurden die Empfehlungen individualisiert – Faktoren wie Alter, Gebrechlichkeit und Patientenwunsch fließen in die Entscheidung Operation vs. TAVI ein.

2018 – Studie COAPT: Untersuchte die Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz mittels MitraClip bei Herzschwäche-Patienten. Ergebnis: Bei optimal medikamentös eingestellten Patienten mit schwerer sekundärer Mitralinsuffizienz konnte der MitraClip die Prognose deutlich verbessern – weniger Wiederaufnahmen ins Krankenhaus und geringere Sterblichkeit im Vergleich zur rein medikamentösen Therapieacc.org. Dies zeigte, dass kathetergestützte Klappenreparaturen ausgewählten Patienten helfen können. (Die Parallelstudie MITRA-FR fand ohne optimierte Vorbehandlung keinen Nutzen, daher ist die Patientenselektion wichtig.)

2019 – Studie PARTNER 3: Überprüfung von TAVI bei niedrigrisiko Aortenklappen-Stenose-Patienten. Ergebnis: Die kathetergewechselte Klappe war der Chirurgie nicht nur ebenbürtig, sondern teils überlegen – nach 1 Jahr traten signifikant weniger Tod, Schlaganfall oder Rehospitalisierung aufnejm.org. Kurzfristig erholten sich die Patienten mit TAVI schneller und hatten weniger Komplikationen. Diese Studie öffnete die Tür, TAVI auch jüngeren, relativ gesunden Patienten anzubieten, sofern die Klappenanatomie geeignet ist.

2021 – ESC/EACTS-Leitlinie Herzklappen: Neueste Leitlinie, die TAVI nun als Behandlungsstandard bei älteren Patienten mit Aortenstenose festschreibt. Für jüngere Patienten (<75 J.) wird weiterhin eher die klassische OP empfohlen – jedoch soll das Herzteam individuell entscheiden. Bei Mitralklappeninsuffizienz wird basierend auf COAPT nun ein MitraClip empfohlen, wenn schwere Symptome trotz optimaler Therapie fortbestehen und eine OP zu riskant ist. Insgesamt stellt die Leitlinie sicher, dass moderne Klappentherapien (wie TAVI, MitraClip) optimal eingesetzt werden, mit Fokus auf Patientensicherheit und -präferenz.

Angeborene Herzfehler (Erwachsene)

2010 – ESC-Leitlinie Erwachsener angeborener Herzfehler (EMAH): Erstmals gibt es europäische Empfehlungen für die wachsende Zahl erwachsener Patienten mit angeborenen Herzfehlern. Zentrale Punkte: lebenslange Nachsorge in spezialisierten EMAH-Zentren und klare Hinweise, wann ein angeborener Defekt auch im Erwachsenenalter behandelt werden sollte. Beispielsweise wird empfohlen, einen noch vorhandenen Vorhofseptumdefekt ab einer gewissen Shunt-Größe mittels Schirmchenverschluss zu therapieren. Insgesamt hilft die Leitlinie, dass EMAH-Patienten nicht “verloren gehen” und adäquat versorgt werden.

2020 – ESC-Leitlinie EMAH: Aktualisiert die 2010er-Version umfassendjacc.orgrevespcardiol.org. Sie betont den geregelten Übergang von der Kinderkardiologie in die Erwachsenmedizin und die Bedeutung regelmäßiger Kontrollen – denn angeborene Herzfehler bleiben ein Leben lang relevantacademic.oup.com. Neue Empfehlungen betreffen z.B. Schwangerschaft bei Herzfehler-Patientinnen (Risikoabschätzung und Betreuung), Einsatz von Kathetertechniken (viele Defekte können minimal-invasiv korrigiert werden) und Rhythmusmanagement (z.B. wann ein Schrittmacher/ICD notwendig ist). Dank dieser Leitlinie erhalten Erwachsene mit angeborenem Herzfehler eine klare Orientierung für optimale Therapie und Nachbetreuung.

Wichtige Entwicklung: Durch den medizinischen Fortschritt überleben heute >90% der Kinder mit angeborenem Herzfehler ins Erwachsenenalter. Damit steigt die Bedeutung der EMAH-Leitlinien. In den letzten Jahren wurden immer mehr Herzfehler minimalinvasiv (ohne offene OP) behandelt – z.B. Klappenersatz via Katheter, device-Verschlüsse von Defekten – was den Patienten schnellere Erholung ermöglicht.

Perikarderkrankungen (Herzbeutel)

2015 – ESC-Leitlinie Perikarderkrankungen: Erste europaweite Leitlinie zur Behandlung von Erkrankungen des Herzbeutels. Sie empfiehlt bei Herzbeutelentzündungen (Perikarditis) konsequent entzündungshemmende Therapien: hohe Dosen von NSAIDs/Acetylsalicylsäure und immer zusätzlich Colchicin als First-Line-Medikamentpubmed.ncbi.nlm.nih.gov, außer es bestehen Gegenanzeigen. Studien hatten gezeigt, dass Colchicin die Rückfallrate deutlich senkt. Kortikosteroide werden nur bei speziellen Fällen (Autoimmunursache, Therapieversagen) angeraten, da sie sonst zu häufigen Rezidiven führen können. Insgesamt hat diese Leitlinie die Behandlung der Perikarditis vereinheitlicht und verbessert (weniger chronische Verläufe durch Colchicin-Einsatz).

2013 – Studie I-CAP: Fand heraus, dass Colchicin zusätzlich zu Ibuprofen/Aspirin bei akuter Perikarditis die Rückfallquote stark reduziert. Auf 18 Monate trat unter Colchicin nur bei ~16% ein erneuter Schub auf, versus ~37% ohne Colchicin. Diese Evidenz begründete die neue Standardtherapie (Colchicin für 3 Monate bei Erstepisode).

2014 – Studie CORP: Untersuchte Patienten mit bereits chronisch wiederkehrender Perikarditis. Ergebnis: Eine 6-monatige Colchicintherapie halbierte ebenfalls das Risiko weiterer Schübe. Damit wurde Colchicin auch bei chronischer Perikarditis zum festen Bestandteil der Behandlung (häufig kombiniert mit niedrig dosiertem Kortison oder NSAID).

2020 – Studie RHAPSODY: Neue Hoffnung für schwerste Perikarditis-Fälle: Bei Patienten mit häufigen, therapierefraktären Perikarditis-Rückfällen zeigte der IL-1Blocker Rilonacept dramatische Wirkung. In der Studie blieben 96% der behandelten Patienten rezidivfrei vs. 45% unter Placebo. Auch die Schmerzen gingen rasch zurück. Dies deutet darauf hin, dass Autoimmun-Perikarditis gezielt mit Immuntherapie behandelbar ist. Solche Medikamente stehen bei chronischer Perikarditis kurz vor der Zulassung und würden insbesondere Kortison-abhängige Patienten entlasten.

Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen)

2014 – ESC-Leitlinie Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM): Erste europäische Leitlinie für diese Herzmuskelerkrankung mit verdicktem Herzmuskel. Sie empfiehlt eine Risikostratifizierung für plötzlichen Herztod – ESC-Score basierend auf Faktoren wie Wanddicke, Ohnmachtsanfällen etc. Bei hohem Risiko wird eine ICD-Implantation zum Schutz empfohlen. Zudem: alle HCM-Patienten sollten körperliche Anstrengungen moderat halten; symptomatische Obstruktionen können mit Betablockern, Verapamil oder ggf. Septumablation/OP behandelt werden. Familienangehörige erster Linie sollen genetisch beraten und untersucht werden, da HCM erblich ist.

2013 – ESC-Positionspapier Myokarditis: (Nicht formale Leitlinie, aber wichtig) Betont, dass bei Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) eine endomyokardiale Biopsie in unklaren Fällen hilfreich sein kann. Die Behandlung besteht meist in konsequenter Herzinsuffizienz-Therapie und Schonung. Spezielle Therapien (z.B. Immunsuppression) werden nur bei nachgewiesener spezifischer Ursache empfohlen. Dieses Papier schuf Bewusstsein, dass Myokarditis oft unerkannt bleibt und potenziell schwere Verläufe haben kann (bis hin zur Transplantation).

2016 – Studie DANISH: (Siehe unter Herzrhythmusstörungen) – Ergebnis: Nicht-ischämische dilatative Kardiomyopathie braucht nicht bei jedem Patienten einen ICD, da kein genereller Überlebensvorteil nachgewiesen wurde. Daher heute individuelle Entscheidung.

2018 – Studie ATTR-ACT: Durchbruch in der Behandlung der Transthyretin-Amyloid-Kardiomyopathie (früher ohne Therapie). Das Medikament Tafamidis zeigte in dieser Studie eine signifikante Reduktion von Sterblichkeit und kardiovaskulären Krankenhausaufnahmen: Nach 30 Monaten lebten deutlich mehr Tafamidis-Patienten (70,5%) als Placebo-Patienten (57,1%)pfizer.com. Zudem blieb die Leistungsfähigkeit länger erhalten. Tafamidis ist seitdem das erste zugelassene Medikament für diese Form der Amyloidose und kann den Krankheitsverlauf verlangsamen.

2020 – Studie EXPLORER-HCM: Testete den Myosin-Inhibitor Mavacamten bei Patienten mit obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie. Ergebnis: Mavacamten verbesserte die Herzfunktion (niedrigere Gradienten in der Ausflussbahn) und die Belastbarkeit/Symptome deutlich gegenüber Placebo. Etliche Patienten konnten auf eine geplante Septumschlichtung verzichten. Diese neue gezielte Therapie adressiert die Krankheitsursache auf molekularer Ebene und wurde 2022 in den USA und 2023 in Europa zugelassen.

2022 – ESC-Leitlinie Kardiomyopathien: Erstmals eine gemeinsame Leitlinie für alle wichtigen Herzmuskelerkrankungen (HCM, DCM, ARVC etc.). Eine wichtige Neuerung ist die Empfehlung, Myosin-Inhibitoren (z.B. Mavacamten) bei obstruktiver HCM mit persistierenden Symptomen als Zweitlinientherapie einzusetzen (Klasse IIa)academic.oup.com – also noch vor einer septalen Ablation oder OP, sofern verfügbar. Außerdem betont die Leitlinie genetische Diagnostik: Bei ungeklärter dilatativer Kardiomyopathie oder Verdacht auf ARVC sollen Genanalysen angeboten werden, da dies für Familie und Therapieplanung wichtig sein kann. Insgesamt sorgt die Leitlinie dafür, dass moderne Therapien (wie Mavacamten, Tafamidis) und individuelle Risikoabschätzungen in der Behandlung von Kardiomyopathien angewandt werden.

2023 – ESC-Leitlinie HCM (in 2022-Leitlinie integriert): Bestätigt die obigen Empfehlungen. Zusätzlich wird etwa für Leichtathletik/Sport bei HCM eine etwas liberalere Haltung eingenommen (nach individueller Evaluation darf moderat trainiert werden). Der Einsatz von tragbaren Defibrillatoren bei temporär hohem Risiko (z.B. Myokarditis) und die Rolle neuer genetischer Therapien bei seltenen Kardiomyopathien werden erwähnt – alles mit dem Ziel, Patienten optimal und personalisiert zu versorgen.

Prävention (Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen)

2012 – ESC-Leitlinie Prävention: Empfiehlt für alle Erwachsenen die Einschätzung des individuellen Herz-Kreislauf-Risikos (z.B. mittels SCORE-Rechner, der das 10-Jahres-Risiko für Herzinfarkt/Schlaganfall angibt). Je nach Risikohöhe sollen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden: Lebensstiloptimierung (Rauchstopp, gesunde Ernährung, Bewegung) steht an erster Stelle. Bei Hochrisikopatienten (z.B. bereits bestehende KHK) werden aggressive Maßnahmen empfohlen, etwa LDL-Cholesterin <70 mg/dL, Blutdruck <140/90 mmHg und ggf. medikamentöse Prophylaxe (z.B. Statine, ASS).

2013 – ESC/EASD-Leitlinie Diabetes & Herz: Erkennt Diabetes als Hochrisikozustand. Sie empfiehlt eine umfassende kardiovaskuläre Prävention bei Diabetikern: strikte Blutzuckereinstellung allein reicht nicht – wichtiger sind Blutdruckkontrolle, Lipidsenkung (Statine) und Aspirin bei bestehender Gefäßerkrankung. Hier wurde der Grundstein gelegt, Diabetesmedikamente auch auf Herz-Nutzen zu prüfen (später führten SGLT2i- und GLP1-Studien zu Paradigmenwechsel, siehe 2019).

2015 – Studie IMPROVE-IT: Zeigte, dass eine weitere Senkung des LDL-Cholesterins über Statine hinaus Vorteile bringt. Bei Hochrisiko-Patienten nach Herzinfarkt senkte die Zugabe von Ezetimib (zusätzlicher LDL-Absenker) das Risiko für neue Ereignisse signifikant. Dies bestätigte das “je niedriger LDL, desto besser” Prinzip und führte zur Aufnahme von Ezetimib als zweite Lipidsenkungsstufe in Leitlinien.

2017 – Studie FOURIER: Ein PCSK9-Hemmer (Evolocumab) wurde bei Patienten mit sehr hohem Risiko zusätzlich zu Statinen getestet. Ergebnis: Das LDL-Cholesterin sank extrem stark (durchschnittlich um 59%)nejm.org bis auf ~30 mg/dL, und es kam zu einer weitere Verringerung von Herzinfarkten/Schlaganfällen um ~15% gegenüber Statin alleinacc.org. Obwohl die absolute Reduktion moderat war, bestätigte FOURIER eindrucksvoll den Zusammenhang zwischen sehr niedrigem LDL und niedrigem Risiko. PCSK9-Inhibitoren wurden daraufhin in den Leitlinien für sehr schwer einstellbare Fälle empfohlen.

2018 – ESC-Leitlinie kardiovaskuläre Prävention (Update): Zwischenupdate, das bereits Erkenntnisse wie von FOURIER einbezog. Betonung der intensiven LDL-Senkung bei Hochrisikopatienten (Empfehlung: wenn nötig Ezetimib oder PCSK9i ergänzen) und der Wichtigkeit der Rehabilitation nach Herzereignissen. Zudem wurde präzisiert, dass Aspirin in der Primärprävention (also bei Menschen ohne bekannte Herzkrankheit) wegen neuer Daten eher nicht mehr routinemäßig eingesetzt werden soll – das Blutungsrisiko überwiegt meist den Nutzen.

2018 – Studien zur Aspirin-Prävention (ARRIVE, ASCEND, ASPREE): Diese drei Studien zeigten übereinstimmend: Bei Menschen ohne bekannte Herzkrankheit bringt eine tägliche Aspirin-Einnahme keinen nennenswerten Netto-Vorteil, da eine minimale Senkung von Herzinfarkten durch ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgewogen wirdtctmd.com. Besonders bei älteren gesunden Personen (ASPREE) zeigte Aspirin keinen Nutzen, teilweise sogar höhere Sterblichkeit. Folge: Leitlinien raten ab 2019 davon ab, gesunden Menschen Aspirin zur Prävention zu geben – stattdessen Fokus auf Lebensstil und Behandlung von Risikofaktoren.

2019 – ESC/EAS-Leitlinie Dyslipidämie: Setzt sehr ambitionierte LDL-Zielwerte: Bei Patienten mit sehr hohem Risiko (z.B. bestehende KHK + weitere Faktoren) <55 mg/dL, bei hohem Risiko <70 mg/dL. Falls schon ein Ereignis unter laufender Therapie auftrat, sogar <40 mg/dL. Diese Leitlinie spiegelt die Ergebnisse der PCSK9i-Studien wider und gibt Ärzten klare Vorgaben, wann zusätzliche Cholesterinsenker (Ezetimib, PCSK9-Hemmer) eingesetzt werden sollten, um diese Tiefstwerte zu erreichen.

2019 – ESC/EASD-Leitlinie Diabetes & Herz: Reagiert auf neue Medikamentenstudien (EMPA-REG, CANVAS, DECLARE, LEADER etc.). Empfiehlt bei Typ-2-Diabetikern mit Herzkrankheit oder hohem Risiko früh den Einsatz von SGLT2-Hemmern (wie Empagliflozin) oder GLP-1-Agonisten (wie Liraglutid), da diese in Studien Herzinfarkte, Schlaganfälle und insbesondere Herzinsuffizienzfälle deutlich reduziert haben. Dies führte zu einem Wandel: Bestimmte Diabetesmedikamente werden nun primär wegen ihres Herzschutz-Effekts verschrieben, nicht nur zur Blutzuckersenkung.

2020 – Studie REDUCE-IT: Zeigte, dass die Gabe von hochdosiertem Omega-3 (Icosapent-Ethyl) bei Patienten mit erhöhten Triglyceridwerten (trotz Statintherapie) das Risiko schwerer Herzerkrankungen weiter senkt. Über 5 Jahre wurde eine ~25% relative Risikoreduktion für Herzinfarkt, Schlaganfall, Tod erreicht. Dieses Ergebnis führte dazu, dass 2021 die Leitlinien Icosapent-Ethyl als Option bei Patienten mit hohem Rest-Risiko (Triglyceride >150 mg/dL) erwähnen.

2021 – ESC-Leitlinie Prävention: Führt das neue Risikomodell SCORE2 ein, das länder- und alterspezifisch das 10-Jahres-Risiko berechnet und auch ein Lebenszeit-Risiko ausweist. Für ältere Patienten (>70 J.) gibt es nun konkrete Empfehlungen, ebenfalls präventiv LDL zu senken (auch hier gilt: <70 mg/dL bei Hochrisiko), da sich gezeigt hat, dass auch Senioren noch profitieren. Zudem hebt die Leitlinie die Bedeutung der Grippeimpfung bei Herzpatienten hervor – Studien zufolge senkt sie Herzkomplikationen. Insgesamt verfolgt die 2021er-Leitlinie einen ganzheitlichen Ansatz: Kombination aus Bevölkerungsstrategie (alle sollen gesünder leben) und individueller Hochrisiko-Strategie (intensive Betreuung und Therapie).

2022 – Studie SECURE (Polypill): Überprüfte ein Kombinationspräparat (“Polypille” mit Aspirin, ACE-Hemmer und Statin) bei Patienten nach Herzinfarkt. Nach 3 Jahren hatten Patienten mit Polypille etwas weniger kardiovaskuläre Ereignisse als diejenigen mit separaten Medikamenten – vermutlich durch bessere Einnahmetreue. Das Ergebnis legt nahe, dass Kombipräparate in der Sekundärprävention helfen könnten, die Umsetzung der Leitlinien-Therapie zu verbessern (einfachere Einnahme, weniger Tabletten). Dies könnte besonders in Bereichen mit geringer Gesundheitsversorgung nützlich sein.

Hinweis: Diese Übersicht soll Laien ein grundlegendes Verständnis vermitteln. Für individuelle Fälle ist stets eine ärztliche Beratung notwendig. Die Leitlinien und Studien geben allgemein gültige Empfehlungen wieder, die vom Arzt an die persönliche Situation des Patienten angepasst werden.

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